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INTERVIEW mit KPMG-Partner: Kann Wirtschaftsprüfung eine spannende Karriere bieten?

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Georg Hübner ist Partner im Bereich Audit Financial Services von KPMG. Seine Mandanten sind schwerpunktmäßig an den Standorten Düsseldorf, Köln und Frankfurt angesiedelte Banken und Versicherungen. Seine Karriere hat Hübner mit einer Banklehre begonnen, er hat BWL studiert, anschließend promoviert und bei KPMG das Wirtschaftsprüfer-Examen abgelegt. Neben der Abschlussprüfung ist er auch beratend hauptsächlich im Bereich Risikomanagement und im Aufsichtsrecht tätig.

Viele halten Wirtschaftsprüfung für ein langweiliges Berufsfeld. Was sagen Sie dazu?

Die Wirtschaftsprüfung ist alles andere als langweilig. Vor vielen Jahren habe ich als Hochschulabsolvent auch vor der Entscheidung gestanden, wie ich meine Karriere beginnen sollte. Aufgrund guter Noten, der Banklehre und verschiedener Auslandsaufenthalte hatte ich eine sehr gute Ausgangsbasis und habe mich damals bewusst aus zwei Gründen für die Wirtschaftsprüfung entschieden:

Zum einen der Aufgabeninhalt. Es gibt einfach super viel Abwechslung, weil man in unterschiedlichen Teams, bei unterschiedlichen Mandanten immer wieder mit neuen Fragestellungen konfrontiert wird. Auf diese Weise bekommt man in kurzer Zeit einen sehr tiefen Einblick in Unternehmen und deren Geschäftsmodelle.

Zum anderen ist man immer gefordert, auf dem Laufenden zu bleiben und sich sehr intensiv fortzubilden, weil man vom Kunden als Fachmann gesehen wird und vom Kunden und seinen Fragen immer wieder herausgefordert wird. Bei mir sind das aufsichtsrechtliche, bilanzielle und Risikomanagement-Fragestellungen. Dem kann man nur gerecht werden, wenn man sich ständig fortbildet – und zwar unabhängig von der jeweiligen Karrierestufe.

Aber hat man als Wirtschaftsprüfer nicht weniger Einflussmöglichkeiten z.B. im Vergleich zu Strategieberatungen? Ist das nicht ein wenig ernüchternd?

Zweimal nein. Wer kann schon direkt einwirken? Auch die Strategieberatung kann ja nur Anstöße geben. Auf der Prüfungsseite sind wir laufend im Kontakt mit dem Kunden. Das heißt, wenn er vor der Herausforderung steht, neue aufsichtsrechtliche Anforderungen umzusetzen oder sich ein neues Produkt überlegt hat und es um Fragen geht, wie dieses im Rechnungswesen abgebildet wird oder wie es im Risikomanagement erfasst wird, dann sind wir in der Regel relativ früh eingebunden. Und dies umso früher, je komplexer das Produkt ist. Auch wenn ein Kunde ein Portfolio oder ein Unternehmen erwirbt bzw. eine wesentliche Umstrukturierung vorhat, sind wir sehr früh involviert: Was hat das für Implikationen auf das Unternehmen, wo liegen die Risiken und wo die Chancen? Was heißt das strukturell und prozessual?

Was ist das Besondere an der Wirtschaftsprüfung von Finanzdienstleistern?

Ergänzend zur eigentlichen Abschlussprüfung kommen hier die aufsichtsrechtlichen Themen hinzu. Da sie mit den Aufsichtsbehörden einen weiteren Stakeholder haben, ist unser Job noch ein wenig herausfordernder. Der Prüfungsbericht über die Durchführung der Abschlussprüfung einer Bank geht neben der Geschäftsleitung und dem Aufsichtsrat auch an die Aufsichtsbehörden. Die Aufsichtsbehörden sehen sich sehr genau an, was darin steht. Sie überwachen nicht nur die Banken, sondern indirekt auch uns.

Der derzeit laufende Asset Quality Review der systemkritischen Banken für die Europäische Zentralbank (EZB) ist eine dieser Besonderheiten. Dabei geht es um höchst spannende Themen. Auf der einen Seite prüfen wir im Auftrag der EZB bestimmte Banken, bei denen wir nicht Abschlussprüfer sind. Andererseits begleiten wir Banken, bei denen wir Abschlussprüfer sind, durch diesen teilweise sehr aufwendigen Prozess.

Zwischenfrage: Wirbt die EZB für ihre neue Bankenaufsicht nicht reihenweise Mitarbeiter von Ihnen ab?

Ein Haus wie unseres weist immer eine gewisse Fluktuation auf. Wenn andere Unternehmen uns Mitarbeiter „abwerben“, zeigt dies ja, dass die fachliche Qualität unserer Mitarbeiter als sehr hoch angesehen wird. Ich kann allerdings nicht bestätigen, dass die Fluktuation durch Abgänge zur EZB angestiegen wäre.

Was muss ein Student mitbringen, der seine Karriere in der Wirtschaftsprüfung beginnen möchte?

Wenn man eine Bewerbung sichtet, dann versucht man aus den Unterlagen etwas über die Persönlichkeit herauszulesen. Ein Teil davon sind sicherlich die Noten; ein anderer – sehr wesentlicher Teil – stellt die Frage dar: Was hat jemand ‚drum herum‘ gemacht? Hat er interessante Praktika oder eine Lehre absolviert, welches Thema trägt die Bachelor/Master-Thesis, hat er vielleicht Auslandserfahrungen. Alle diese Bausteine helfen dabei, sich ein Bild von der Person zu machen.

Konkret: Welche Studiengänge, Noten und Praktika werden vorausgesetzt?

Ein Wirtschaftsstudium stellt sicherlich den Klassiker dar. Jura ist auch sehr nah. Naturwissenschaftliche, mathematische und technische Studiengänge können ebenfalls prima passen. Wir sind in der Wirtschaftsprüfung inzwischen so breit mit verschiedensten Spezialisten aufgestellt, dass wir ein umfangreiches Spektrum an Einstiegsmöglichkeiten bieten können. Es stellt sich dann allerdings die Frage: Hat sich diese Person neben ihrem Studium mit der Materie Finanzdienstleistung und/oder Wirtschaftsprüfung schon beschäftigt? Sicherlich ist ein gewisser Wirtschaftsbezug schon zu empfehlen.

Welche Rolle spielen die Noten?

Es müssen nicht die Topnoten sein. Ich würde sagen, ein Zweierexamen sollte es aber schon sein. In dem einen oder anderen Fall gibt es auch einen Grund, wieso mal etwas schief- oder anders gelaufen ist. So etwas lässt sich dann aber möglichst aus dem Lebenslauf ablesen.

… und bei Praktika: Was ist Pflicht und was Kür?

Pflicht sind Praktika nicht. Wünschenswert ist, dass die Absolventen ein Praktikum aus unserem Aufgabenfeld mitbringen, z.B. bei einer Bank oder einer Versicherung. Toll ist es, wenn eines davon im Ausland stattgefunden hat. Auch ein Auslandsaufenthalt während des Studiums ist schön. Praktika runden einen Lebenslauf ab; sie machen einfach interessanter.

Wie wichtig sind Englischkenntnisse? Viele Banken berichten ja nach IFRS und auf Englisch.

Englischkenntnisse werden heute in Wort und Schrift vorausgesetzt. Auch wenn mit den Kunden in Deutschland nicht Englisch gesprochen wird, verfügen wir doch über ein umfangreiches internationales Geschäft. Alles was grenzüberschreitend ist, läuft auf Englisch.

Wie sehen die Karrierewege in der Wirtschaftsprüfung üblicherweise aus?

Der Neueinsteiger fängt als Assistent an und entwickelt sich dann über verschiedene Stufen zum Assistant Manager und legt dann sein Wirtschaftsprüfungs-Examen ab. Wenn alles gut gelaufen ist, wird man anschließend ins Management befördert, was etwa nach fünf Jahren geschieht. Dabei kommt es aber nicht auf das Jahr an. Irgendwann stellt sich dann die Frage, ob die Beförderung zum Partner erfolgt. Neben dem Bestehen des entsprechenden Assessments ist dies natürlich vom Business Case und der Mandatsentwicklung abhängig.

Bei dieser Karriere steht und fällt alles mit dem Wirtschaftsprüfer-Examen. Dies soll sehr anspruchsvoll sein. Wie viele Leute bleiben auf der Strecke und welche Karrierealternativen haben Betroffene?

Die Misserfolgsquote bei dem Examen liegt so zwischen 40 und 50 Prozent, wobei man die Prüfung wiederholen darf. KPMG unterstützt seine Mitarbeiter schon im Vorfeld auf vielfältige Weise, um die Quote möglichst gering zu halten.

Welche beruflichen Perspektiven stehen einem dann offen?

Durch die offene Struktur eines Hauses wie der KPMG gibt es sehr viele Möglichkeiten für gute Mitarbeiter. Ein klassisches Beispiel ist, dass man in den Beratungsbereich wechselt und dort seine Karriere weiterverfolgt. Dabei gibt es Beratungsthemen, die sehr nah an die Wirtschaftsprüfung herankommen, wo es z.B. um Themen wie Compliance Management, Risk Management oder Corporate Governance geht.

Wie sehen die Verdienstmöglichkeiten aus? Kann man da Zahlen nennen?

Die Einstiegsgehälter sind branchenüblich. Wenn man die Wirtschaftsprüfung mit der Unternehmensberatung oder einem Direkteinstieg bei einem unserer Kunden vergleicht, dann fällt der hohe Anteil der Schulungen in der Wirtschaftsprüfung auf. In den ersten Jahren entfällt ungefähr ein Monat pro Jahr allein auf Schulungen. Wenn Sie beachten, was wir als KPMG in jeden Einzelnen dabei investieren, dann liegt das Gehalt tatsächlich deutlich höher. Festhalten muss man auch: Überstunden werden bei uns eins zu eins vergütet und die Entwicklungschancen sind ausgezeichnet – sowohl gehaltsmäßig als auch was die Karrierechancen betrifft. Unser Unternehmen verfügt über keine klassischen Linienstrukturen. Eine Beförderung hängt also nicht davon ab, dass es eine freie Stelle gibt. Es gibt nicht das klassische Nadelöhr, an dem man hängen bleiben kann. Erst bei der Partnerschaft wird es enger. Wir wollen allerdings guten jungen Leuten durch weiteres Wachstum alle Chancen offenhalten.

Wirtschaftsprüfer zählt nicht zu den klassischen Traumberufen. Wie schwierig fällt es Ihnen, Nachwuchs zu finden?

In der Wirtschaftsprüfung haben wir durch diverse interessante Aufträge einen absoluten Bedarf. Wir stellen laufend ein, weil es einfach ganz viele Themen gibt, zu denen wir bei unseren Kunden unterstützend und beratend tätig sind. An der Schnittstelle zwischen der Wirtschaftsprüfung und der Unternehmensberatung gibt es einen intensiven Austausch. Es geht dabei nicht um die Geschäftsbereiche. Wir definieren uns vielmehr aus dem Mandatsfokus Finanzdienstleistungen.

Mal ganz konkret: Wie viele Absolventen stellen Sie im Jahr etwa ein?

Wir stellen rund 150 Absolventen nur in Audit Financial Services im Jahr ein. Wir sind immer an guten Kandidaten interessiert. Nach vielen Jahren in der Branche kann ich sagen: Eine Karriere in der Wirtschaftsprüfung ist höchst spannend. Einen ersten Einblick kann man sich schon durch ein Praktikum verschaffen oder auf einem unserer zahlreichen Karriereevents in ganz Deutschland.

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